Die völlige Wartungsfreiheit des eigenen Fahrrads ist der Traum vieler Fahrer. Falls du auch zu diesen Visionären gehörst, dann hast du wahrscheinlich auch schon einmal von den sogenannten Tubeless Reifen gehört. Die schlauchlosen Fahrradreifen versprechen viele Vorteile. Einer der größten davon ist, die Gefahr eines Platten zu reduzieren.
Doch wie bei fast allem im Leben: Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Hier erfährst du, was es mit dem Thema Tubeless auf sich hat, welche Vor- und Nachteile schlauchlose Fahrradreifen bringen und was es speziell beim Mountainbike und beim Rennrad zu beachten gilt.
Tubeless Reifen entdeckenDie Grafik zeigt den Querschnitt eines Tubeless Reifen und erklärt so das Prinzip.
Wie funktioniert Tubeless? Bei einem Tubeless-Reifen wird ein luftdichter Raum zwischen Reifen und Felge gebildet. Beim Aufpumpen, pumpt man die Luft dann zwischen Reifen und Felge und nicht in einen Schlauch. Ein Vorteil? Bei kleinen Schäden dichtet die flüssige Dichtmilch die Stelle sofort ab, und man kann weiterfahren.
In einfachen Worten: Tubeless Reifen sind auf Deutsch schlauchlose Fahrradreifen. Das heißt, es wird darauf verzichtet, unter dem Mantel noch einen Schlauch zu verlegen und die Luft wird sozusagen direkt in den Mantel gepumpt. Laut den Fahrradherstellern handelt es sich dabei auf alle Fälle um die Reifentechnologie der Zukunft.
Das Konzept der Tubeless Reifen ist nicht neu. Autos und Motorräder fahren schon seit mehreren Jahrzehnten ohne Schlauch. Dort funktioniert die Systematik sehr gut, da die massive Konstruktion von Felgen und Reifen für die entsprechende Dichtheit sorgt.
Fahrräder haben jedoch eine etwas filigranere Konstruktion. Deshalb hat es etwas länger gedauert, bis diese Erfindung auch auf den Fahrradmarkt übergeschwappt ist. Die ersten Entwicklungen gehen etwa auf das Jahr 2005 zurück. Damals verwendeten die ersten Profi Mountainbiker Tubeless Reifen und schon bald hat sich das System bei Mountainbikes auch für die Masse etabliert.
Aufgrund der engen Toleranzen zwischen den schmalen Reifen auf dem Rennrad und der Felge sind die Tubeless Reifen bei Rennrädern hingegen noch verhältnismäßig selten. Doch wie es scheint, ist es auch hier nur noch eine Frage der Zeit, bis sich der Trend endgültig durchsetzen wird.
Zu den bekanntesten Herstellern von schlauchlosen Fahrradreifen zählt beispielsweise Schwalbe. Deshalb hat sich Schwalbe Tubeless mittlerweile zu einem echten Qualitätsmerkmal entwickelt. Doch auch andere Reifenhersteller wie Michelin, Goodyear oder Continental haben gute Tubeless Reifen in ihrem Sortiment.
Das Foto zeigt ein Gravel Bike auf Schotteruntergrund in der Nahaufname. Gut zu erkennen ist der GOODYEAR CONNECTOR ULTIMATE A/T TUBELESS GRAVEL Reifen.
Wichtig für Gravel oder Mountainbikes: Tubeless erlaubt einen geringeren Luftdruck, somit hat das Bike mehr Grip und bietet ein besseres Fahrgefühl.
Der größte Vorteil von Tubeless ist mit Sicherheit die erhöhte Pannensicherheit, weil die Schläuche nicht mehr Platzen und Ventile nicht mehr abreißen können. Außerdem lassen sich die schlauchlosen Reifen mit deutlich weniger Druck fahren. Bei herkömmlichen Laufrädern ist zwischen Mantel und Felge ein Schlauch zwischengequetscht, der die Stabilität und den Zusammenhalt von Felge und Mantel nur mit viel Druck gewährleistet. Bei Tubeless Reifen hingegen verteilt sich die Luft ohne viel Aufwand gleichmäßig im Reifen.
Die Abbildung zeigt links einen Reifen-Querschnitt in dem man sieht wie über das Ventil Dickmilch eingefüllt wird und diese sich im Reifen verteilt. Rechts sieht man einen defekten Mantel auf dem sehr gut die abdichtende Dichtmilch erkennbar ist.
Dichtmilch verteilt sich im Mantel, öffnet sich der Mantel durch einen Schaden wird sofort automatisch abgedichtet und man kann weiterfahren.
Dichtmilch besteht aus verschiedenen Inhaltsstoffen, die wichtigsten sind Latex und Ammoniak. Latex steuert feine Gewebepartikel bei, die bei Kontakt mit Luft aushärten. So können kleine Risse und Löcher bis zu 1 cm Durchmesser abgedichtet werden. Ammoniak sorgt für die Konsistenz und Gerinnung der Dichtmilch.
Tubeless Reifen sind keine absolut luftdichten Fahrradreifen. Erst die Dichtmilch sorgt für die notwendige Dichtigkeit.
Die ersten Tubeless-Reifen um 2005 kamen ohne die Flüssigkeit aus, dafür waren sie allerdings viel schwerer und anfälliger für Schäden. Erst die Dichtmilch hat das Tubeless-System zuverlässig gemacht und sorgt für exzellenten und verlässlichen Pannenschutz.
Pro-Tipp: Die Pannenschutzflüssigkeit Doc Blue von Schwalbe bleibt ca. 2.000 Kilometer oder 2-7 Monate als vorbeugender Pannenschutz im Reifen aktiv.
Der Vorteil: Wenn das System einmal dicht ist, muss man nicht mehr nachfüllen. Die Schutzwirkung gegen Pannen hat man allerdings nur, wenn noch aktive Milch im Reifen ist. Regelmäßige Kontrolle ist also wichtig.
Stich mit einer Nadel in die Lauffläche und dreh kräftig am Reifen. Wenn alles okay ist, wird das „Testloch“ automatisch von der Dichtflüssigkeit repariert. Wenn nicht, musst du nachfüllen. Das geht übrigens über das Ventil am einfachsten.
Tubeless hat zwar eine große Fangemeinde, dennoch sollten auch die Nachteile dieses Systems nicht verschwiegen werden:
Das Foto zeigt die Nahaufnahme eines Hutchinson MTB Reifens, auf dem der Schriftzug „Tubeless-Ready“ deutlich erkennbar ist.
Ob sich dein Reifen für Tubeless eignet, erkennst du am „Tubeless-Ready-Icon“ auf deinem Reifen.
Die Umrüstung ist auf jeden Fall möglich, einfach ist sie jedoch nicht immer. Das liegt vor allem daran, dass das System Tubeless aus mehreren Einzelteilen besteht, die alle kompatibel sein müssen. Nicht jeder Tubeless Reifen ist automatisch für jede Felge gleichermaßen geeignet.
Eine der wichtigsten Voraussetzungen ist, dass deine Felgen auf das Tubeless System ausgelegt sind. Sind sie das, werden sie in der Regel als „tubeless-ready“ beziehungsweise „tubeless-fähig“ bezeichnet. Falls du vorhast, deine „normalen“ Felgen umzubauen, können wir dir nur davon abraten. Das ist wirklich nur etwas für versierte Schrauber.
Für schlauchlose Fahrradreifen benötigst du jedoch nicht nur die passende Felge, sondern auch das passende Tubeless Felgenband. Denn nur dadurch ist auch gewährleistet, dass sich das System luftdicht verschließen kannst.
Für die Umrüstung auf Tubeless sind entsprechende Bausätze, sogenannte „Tubeless Kits“ erhältlich. Diese bestehen in der Regel aus den folgenden Komponenten:
Diese Flüssigkeit wird oft Montage-Fluid genannt und ist enorm wichtig, weil sie nach dem Auftragen eine gleitende Wirkung hat, die es dir einfacher macht, den Reifen über die Felge zu stülpen. Tatsächlich kannst du alternativ zum Montage-Fluid aber auch Spüli oder selbst etwas Dickmilch verwenden. Hauptsache es flutscht!
Das Foto zeigt ein Cube MTB mit Tubeless Reifen von Maxxis.
Bei einem Mountainbike gehören Tubeless Reifen mittlerweile zu den beliebtesten Ausstattungsmerkmalen. Deshalb liefern viele Hersteller ihre Räder bereits mit Reifen und Felgen aus, die tubeless-ready sind. Der Wechsel lässt sich in diesen Fällen sehr einfach durchführen.
Falls du dich jetzt fragst, warum diese Hersteller die Reifen dann trotzdem immer noch mit einem Schlauch ausstatten – das hat vor allem zwei Gründe:
Nach der Umrüstung kann der Reifen auf etwa drei bis vier Bar aufgepumpt werden. Du erkennst, dass der Reifen richtig in der Felge sitzt, wenn du beim Aufpumpen ein lautes Ploppen vernimmst. Im Anschluss daran solltest du den Reifen kräftig schütteln, damit sich die Dichtmilch darin gut verteilen kann. Danach sollte der Reifen komplett dicht sein und kann bis zum endgültigen Luftdruck aufgepumpt werden.
Schwalbe Tubeless gibt es mittlerweile in allen gängigen Größen für MTBs. Doch selbstverständlich haben auch andere Hersteller gute Reifen. Die folgenden Tubeless Reifen sind für ihre gute Qualität bekannt:
Das Foto zeigt ein Rennrad mit aufgezogenem Schwalbe Pro One Evo Tubeless Faltreifen.
Im Gegensatz zu den Mountainbikes fristen die Tubeless Reifen bei den Rennrädern noch ein Schattendasein. Hutchinson entwickelte gemeinsam mit Shimano vor etwa zehn Jahren das erste marktreife System für die Rennräder, doch irgendwie wollte sich das damals nicht so richtig durchsetzen.
Die Montage entpuppte sich als zu kompliziert, die Vorteile waren nicht so riesig wie von den Herstellern versprochen und die Auswahl geeigneter Systeme sehr beschränkt. Das größte Problem bei den Rennrädern ist einfach der hohe Druck von bis zu acht bar in den Rädern. Das macht es schwierig, das System auf Dauer gut abzudichten.
Seit kurzer Zeit zeichnet sich jedoch auch am Rennrad-Sektor so etwas wie ein kleiner Tubless Boom ab und dank neuer Wulstkerne und besserer Kommunikation zwischen Laufrad- und Reifenherstellern ist die Handhabung erheblich einfacher geworden. Das führt dazu, dass sich die meisten Systeme nun wesentlich einfacher montieren lassen.
Mittlerweile nutzen auch die ersten Profis Tubeless-Reifen. Zum Beispiel beim Kopfsteinpflaster-Rennen Paris-Roubaix, wo eine gute Dämpfung und darüber hinaus auch noch ein guter Pannenschutz besonders wichtig sind.
Tubeless Reifen erfreuen sich gerade im Cyclocross großer Beliebtheit. Hier kommen unter anderem die folgenden Modelle zum Einsatz:
Doch auch „klassische“ Reifen für Rennräder gibt es mittlerweile ohne Schlauch:
Aus unserer Sicht sind Tubeless Reifen in erster Linie Geschmackssache. Darüber hinaus kommt es auf den jeweiligen Einsatzzweck an. Bei der Fahrt im Gelände mit Mountainbikes ist es auf alle Fälle sinnvoll, sein Fahrrad mit einem Tubeless System auszustatten. Das wissen auch die Hersteller und haben die Räder deshalb in den letzten Jahren umgerüstet.
Auch beim Cyclocross sieht das ähnlich aus. Beim Flitzen auf dem glatten Asphalt mit dem Rennrad ist es hingegen nach wie vor sinnvoll, auf den guten alten Schlauch zu setzen. Hier dauert es wohl noch ein paar Jahre, bis der erste Sieger der Tour de France mit einem schlauchlosen System unterwegs sein wird.
Die besten Tubeless Reifen anschauenMach dir das Schrauben einfacher.
Hol dir unsere neuesten Tipps & Tricks und die ausführlichen Testberichte kostenlos in deine Inbox.